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Prof. Dr. Sabine Zachgo mit dem Brunnenlebermoos im Labor der Arbeitsgruppe Botanik (Foto: Vanessa von Kortzfleisch | Universität Osnabrück)
Aus dem Botanischen Garten in den Fokus der Spitzenforschung: Die erstaunliche Karriere eines Osnabrücker Lebermooses
Das Brunnenlebermoos ist auf der ganzen Welt verbreitet. Der Wissenschaft bietet sich dadurch die Möglichkeit, durch den Vergleich von Exemplaren aus verschiedenen Regionen wertvolle Informationen darüber zu erhalten, wie sich Pflanzen an sehr unterschiedliche Umweltbedingungen anpassen. Im Rahmen einer Studie, die jüngst in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Genetics“ erschienen ist, hat ein internationales Team nun das Erbgut von Vertretern aus über hundert Ökotypen des Lebermooses entschlüsselt. Mit dabei: Prof. Dr. Sabine Zachgo – und Moospflanzen aus dem Botanischen Garten der Universität Osnabrück.
12.03.2025
Im Botanischen Garten der Universität Osnabrück gibt es eine ganze Menge eindrucksvoller Pflanzen zu entdecken. In Anbetracht dieser enormen Vielfalt dürften die meisten Besucherinnen und Besucher dem unscheinbaren Brunnenlebermoos (Marchantia polymorpha) wohl eher wenig Aufmerksamkeit schenken. Ganz anders Prof. Dr. Sabine Zachgo, Leiterin der Arbeitsgruppe Botanik und Direktorin des Botanischen Gartens: Sie erkannte in der nur wenige Zentimeter großen Pflanze großes Potential für ihre Forschung. Denn es handelt sich dabei um einen Modellorganismus mit einer langen Geschichte in der Botanik, der in den vergangenen Jahrzehnten im Bereich der Pflanzengenetik eine regelrechte Renaissance erlebt hat.
Vom Botanischen Garten ins Labor
Verfügbare Brunnenlebermoose waren anfänglich nicht sehr vermehrungsfreudig, weshalb das Team der Arbeitsgruppe Botanik einige Pflanzen aus dem Botanischen Garten mit ins Labor nahm und damit sterile Kulturen aufbaute. Seitdem dienen die Nachkommen dieser Pflanzen als Studienobjekte, um ihre Entwicklung und genetische Anpassungen an unterschiedliche Umweltbedingungen zu untersuchen. Und das führte letztlich auch dazu, dass sie jüngst Teil eines großen Forschungsvorhabens wurden, bei dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Nordamerika, Europa und Asien zusammengeschlossen haben, um das sogenannte „Pan-Genom“ des Brunnenlebermooses zu entschlüsseln.

Beeindruckende morphologische Vielfalt: Unterschiedliche Exemplare des Brunnenlebermooses (Foto: David J. Hoey).
Die genetische Vielfalt des Brunnenlebermooses
Der Begriff Pan-Genom bezieht sich darauf, dass nicht nur das Erbgut eines bestimmten Individuums eines Wuchsortes analysiert wird, sondern das Erbgut einer ganzen Reihe von Exemplaren aus Populationen mit verschiedenen Herkünften. Das Ziel dabei ist, ein möglichst genaues Abbild der gesamten genetischen Vielfalt einer Spezies von unterschiedlichen Standorten zu erhalten. Im Fall des Brunnenlebermooses bedeutete dies, dass die Forschenden genetische Untersuchungen an Vertretern von insgesamt 133 unterschiedlichen Ökotypen durchführten. Einer dieser Ökotypen trägt den vielsagenden Namen „BoGa“ – eine Hommage an seinen Wuchsort, den Botanischen Garten in Osnabrück.
Die Ergebnisse ihrer aufwendigen Analysen veröffentlichte das Team in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature Genetics“. Sie werden zukünftig der wissenschaftlichen Gemeinschaft als Grundlage dienen, um mehr über die genetischen Anpassungen der unterschiedlichen Ökotypen des Brunnenlebermooses an ihren jeweiligen Lebensraum herauszufinden.
Ein Osnabrücker Gewächs kommt groß raus
Die unscheinbaren Moospflanzen aus Osnabrück haben innerhalb weniger Jahre eine erstaunliche Reise hingelegt: Vom Wegesrand im Botanischen Garten in das Labor der Arbeitsgruppe Botanik und damit direkt hinein in den Fokus der Spitzenforschung – mit der Folge, dass sie nun im Pan-Genom ihrer Spezies einen Ökotyp repräsentieren.
Sabine Zachgo ist erfreut über die Karriere dieses Osnabrücker Lebermooses. „Auch im DFG Schwerpunktprogramm ‚MAdLand‘ (Molecular Adaptation to Land: plant evolution to change), an dem über zwanzig Pflanzenforscherteams beteiligt sind, wird der Marchantia BoGa Ökotyp verwendet“, erklärt sie. „Das Ziel ist dabei, zu verstehen, wie Landpflanzen sich im Laufe der Evolution an hochaktuelle Prozesse, wie immer häufiger auftretenden Trocken- und Überflutungsstress, angepasst haben.“
Zur Publikation:
Beaulieu C.; Libourel, C.; Mbadinge Zamar, D. L (…) Zachgo, S. (…) Bonhomme, M. & Delaux, P.-M. (2025): The Marchantia polymorpha pangenome reveals ancient mechanisms of plant adaptation to the environment. Nature Genetics.